Knigge Alltagsfragen: Was zählt mehr beim „Du“?

Mai 22, 2014 | Allgemein

Leser der Nürnberger Nachrichten stellen Alltagsfragen rund um das menschliche Miteinander.

„Wer bietet dem anderen zuerst das ,Du“ an, wenn der eine einen Doktortitel hat und Mitte 30 ist und die Kollegin Ende 40 ist, aber nur normale Angestellte?“

Es antwortet Knigge-Expertin Stefanie Frieser:
„In dem Fall stellt sich zunächst die Frage, in welchem hierarchischen Verhältnis stehen die beiden zueinander? Spielen wir beide Fälle durch: Wenn der 30-Jährige ihr übergeordnet ist, ist es an ihm, ihr das „Du“ anzubieten. Sind beide stattdessen hierarchisch gleichgestellt, geht das aber auf keinen Fall. Dann obliegt es wiederum ihr, ihm das „Du“ anzubieten.
Generell gilt folgende Unterscheidung: Im privaten Bereich bietet die Dame dem Herren und der oder die Ältere dem Jüngeren das „Du“ an. Hier schlägt das Alter das Geschlecht, das heißt, der ältere Herr bietet der jüngeren Dame das „Du“ an.
Im geschäftlichen Bereich zählt ausschließlich die Hierarchie. Das Geschlecht spielt keine Rolle. Der Doktortitel, der mit der hierarchischen Zuordnung nichts zu tun hat, ist in beiden Fällen ohne Bedeutung. Der promovierte Kollege könnte allerdings sagen: „Sie können den Doktor gerne weglassen, das ist einfacher.“ Das zeigt Größe und ist eine nonchalante Art, Distanz abzubauen ohne gleich zum „Du“ zu kommen. Bitte dann auf keinen Fall weiter „doktoren“, das gilt als ebenso unhöflich!
Grundsätzlich ist es so: Wenn ich mir nicht ganz sicher bin, ist Siezen immer die bessere Wahl. Das ist in jedem Fall höflicher. Man kann natürlich auch versuchen, die Anrede zu vermeiden und stattdessen „man“-Konstruktionen verwenden à la „Das ist aber nett, dass man sich hier trifft“. Dann wartet man, bis der andere quasi aus der Deckung kommt. Manchmal „mant“ man dann aber, bis der Arzt kommt.
Wenn im Gespräch ein „Du“ herausgerutscht ist, der andere aber zu erkennen gibt, dass er beim „Sie“ bleiben möchte, ist es wichtig, nicht beleidigt zu reagieren. Im Zweifelsfall ist es sowieso am allerbesten, man spricht es ganz offen an. Zum Beispiel, indem man sagt: „Ehrlich gesagt bin ich mir jetzt nicht mehr ganz sicher, ob wir beim Sie oder Du waren.“

Quelle: Nürnberger Nachrichten vom 22.05.2014, S. 31