Artikel: „Wenn der Vorgesetzte brav war…“

Dez 18, 2013 | Allgemein

Am 22.12.2013 erschien im Sprungbrett, dem Job Portal für Fach- und Führungskräfte der Frankfurter Allgemeine (FAZ) ein Artikel mit Beiträgen von Kniggecoaching.de zum Thema „Umgang mit Weihnachtsgeschenken im geschäftlichen Umfeld„:

Wenn der Vorgesetzte brav war

Alle Jahre wieder stürzen wir uns zur Weihnachtszeit in den Geschenke-Marathon. Wir bedenken die Familie und die Freunde und fragen uns unsicher: Sollen wir auch unserem Chef etwas schenken?

Retro-Visitenkartenboxen, edle Kugelschreibersets, Design-Telefonregister, augenzwinkernde Abmahnungskarten – für die großen Onlineshops liegt die Antwort auf die bei Google eingegebenen Suchwörter „Weihnachtsgeschenke Chef“ auf der Hand: Klar sollen wir auch unseren Vorgesetzten beschenken, und zwar möglichst exklusiv, witzig oder ausgefallen. Das breite Angebot an teilweise fragwürdigen Chef-Geschenken bedeutet allerdings nicht, dass wir automatisch Gebrauch davon machen sollten.

Das Verhältnis entscheidet

Stefanie Frieser, Präsidentin des Deutschen Kniggebundes, rät grundsätzlich davon ab, dem Chef etwas zu schenken. „Entscheidend ist das Verhältnis. Bei enger Zusammenarbeit oder bei einer kleinen Firma mit einer Handvoll Angestellten eine kleine Aufmerksamkeit denkbar“, sagt sie. „Auch dann sollte ein Geschenk aber keinesfalls über den netten Gedanken hinaus gehen und möglichst unverfänglich sein“. Ein Schokoladenweihnachtsmann etwa könne nicht falsch verstanden werden und unterstreiche die Wertschätzung, ohne wie eine Verpflichtung zu wirken.

Professor Rüdiger Trimpop leitet den Lehrstuhl der Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie der Friedrich-Schiller Universität Jena und vertritt eine ähnliche Meinung. Ein Angestellter müsse seinem Chef nichts schenken. „Ausnahme ist, wenn es einen persönlichen Zusammenhang gibt. Dann beschenkt man allerdings nicht seinen Chef, sondern eine Person aus dem privaten Umfeld“, erklärt er.Völlig in Ordnung sei außerdem, sich wechselseitig etwas Symbolisches als Zeichen der Anerkennung zu schenken. Selbstgebackene Plätzchen etwa zeigten Wertschätzung. Sie besäßen allerdings keinen tatsächlichen, materiellen Wert, der den in Chef in eine unangenehme Situation brächte.

Ein Geschenk ist für den Chef im schlimmsten Fall unangenehm

Alle Geschenke, die über eine kleine Aufmerksamkeit hinausgehen, könnten beim Chef statt der erhofften Freude peinliche Berührung hervorrufen und für Missverständnisse und Konflikte im gesamten Team sorgen. Was sollen die Kollegen denken, wenn ein Einzelner sich beim Chef mit einem Weihnachtsgeschenk hervortut? Wahrscheinlich, dass derjenige es nötig hat, weil er entweder ein karrierefixierter Schleimer ist, der so seinen Aufstieg vorantreiben will, oder seine berufliche Kompetenz nicht ausreicht, um voranzukommen. Beides könnte auch der Chef argwöhnen. Oder er fühlt sich in die unangenehme Lage gebracht, zurück schenken oder sich anderweitig erkenntlich zeigen zu müssen. „Das ist generell oft ein Problem: Manche machen ihren Mitmenschen einfach gerne eine Freude. Mitunter sind die aber keine ´Schenker´ und sehen die Situation aus einer völlig anderen Perspektive“, sagt Frieser.

Das Risiko besteht also nicht nur darin, den Geschmack des Chefs zu verfehlen. Ein Geschenk stellt den Chef auch unter den Verdacht, sich womöglich von der Gabe beeinflussen zu lassen und den Mitarbeiter in Zukunft auf irgendeine Weise bevorzugt zu behandeln.

Gemeinsam schenken

Besser schenkt man als gesamtes Team. Trimpop hält ein gemeinsames Geschenk etwa dann angebracht, wenn der Chef sich nachweislich sehr für das Team oder die entsprechende Abteilung eingesetzt hat. Frieser rät, auch als Team nichts übertrieben Wertvolles zu schenken. Und: „Man sollte vorher überlegen, ob man sich wirklich als Geschenk-Initiator hervortun möchte.“ Besonders wichtig sei dabei der wertschätzende Umgang mit den Kollegen. Niemand darf sich zur Beteiligung gezwungen oder benachteiligt fühlen, wenn er nicht mitschenken möchte. „Man sollte seine Kollegen nicht überrumpeln, indem man schon alles selbst festgelegt hat. Besser holt man sie ab, zum Beispiel mit der Frage `Was haltet ihr davon, wenn wir demChef eine Kleinigkeit zu Weihnachten schenken?` Und dann stimmt man demokratisch ab“, schlägt die Kniggecoachin aus Nürnberg vor.

Falls man neu im Team ist und nicht weiß, welcher Betrag als Beteiligung üblich ist, sollte man den Organisator einfach direkt fragen. „Keine falsche Scham, wer offen fragt zeigt damit, dass er sich im Team integrieren und nicht aus der Reihe tanzen möchte“, ermutigt Frieser.

Persönlich versus unverfänglich

Bleibt die Frage: Was schenken wir? Ein möglichst persönliches Geschenk, das zeigt, dass wir uns Gedanken gemacht haben? Oder ein möglichst unverfängliches, das Freude macht, ohne die Grenze zwischen Berufs- und Privatleben aufzuweichen?
Trimpop hält nichts von banalen Geschenken: „Die obligatorische Flasche Wein ist vollkommener Quatsch. So ein Geschenk braucht kein Mensch, denn es ist nur Schleimerei.“ Wer sich einmal zum Schenken entschlossen habe, solle konsequenterweise darüber nachdenken, was dem Chef wirklich eine Freude bereite. Eine Konzertkarte der Lieblings-Band sei zum Beispiel ein gutes Geschenk.
Frieser plädiert dagegen für Geschenke, die unverfänglich sind und den Chef möglichst wenig in eine peinliche Situation bringen. Nicht jeder Chef möchte sein Privatleben schließlich vor dem gesamten Team ausgebreitet wissen.
Ob persönlich oder unverfänglich sollte man am besten gemeinsam mit seinen Kollegen situationsbedingt entscheiden. Es hängt vom Verhältnis vom Chef zum Team ab.
Umgekehrt, da sind sich beide Experten einig, kann der Chef sein Team übrigens beschenken wie er will, solange er alle Mitarbeiter in gleichem Maße bedenkt und so deren Gerechtigkeitsempfinden nicht stört. In diesem Sinne: Frohe Weihnachten!

Beitrag von Anne Fischer, 22.12.2013 FAZJOB.NET

Quelle/Originalartikel: http://fazjob.net/sprungbrett_2013_06_02